WN, 10.11.2003

Höhere Gebühren und Angebotskürzung

Von Roland Greife

Telgte. Die städtische Musikschule steht vor massiven Einschnitten. Kosten sollen gesenkt und die Einnahmen erhöht werden. Sogar über den Fortbestand dieser Kultureinrichtung hat man sich im Rathaus angesichts der prekären Haushaltslage Gedanken gemacht. Ergebnis: Würde die hiesige Musikschule von der Kreismusikschule übernommen, wäre das für die Stadt auch nicht billiger. Denn die Personalkosten würden in gleicher Höhe anfallen wie bisher.
Daher schlägt die Verwaltung dem Finanzausschuss nun ein zweistufiges Modell vor, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Im nächsten Jahr werden die Ermäßigungen für Mehrfachbelegungen drastisch gekürzt. Eine Familie, die vier ermäßigungsfähige Fächer belegt, müsste dann immerhin 400 Euro im Jahr mehr bezahlen. Die regulären Gebühren werden leicht nach oben aufgerundet. Bei der aktuellen Schülerzahl würden diese beiden Maßnahmen zu Mehreinnahmen von rund 21 000 Euro führen.

Neue Angebote sollen nur dann gemacht werden, wenn sie kostendeckend sind. Stark bezuschusster Unterricht, der ausläuft, soll nicht erneut angeboten werden.
Die Stadt will im Gegenzug versuchen, die Verwaltungskosten, die in diesem Jahr 82 000 Euro betragen und damit einen Großteil des städtischen Zuschusses in Höhe von 190 000 Euro ausmachen, zu senken.

Im Jahr 2005 kommt's noch dicker, wenn es denn so beschlossen wird. Dann soll der Zuschuss auf 100 000 Euro zurückgefahren werden. Konsequenz: Bisher von der Stadt subventionierter Instrumentalunterricht müsste gestrichen werden. Wer diese Instrumente erlernen will, müsste dann private Verträge mit einem Dozenten abschließen. Bei der Vermittlung von Privatunterricht würde die Musikschule behilflich sein, auch weiterhin Räumlichkeiten und Instrumente zur Verfügung stellen. „Auf diese Weise blieben auf jeden Fall die frühkindliche Erziehung und die musikalische Grundausbildung erhalten", heißt es in der Sitzungsvorlage für den Finanzausschuss. Darüber hinaus solle an eine Kooperation mit der Kreismusikschule gedacht werden, sofern dies nicht zu Mehrkosten für die Stadt führe.

Weniger Unterricht heißt auch, dass die Musikschule ab 2005 weniger Lehrer benötigen würde, sprich: Arbeitsverhältnisse müssten gekündigt werden. Der Finanzausschuss wird sich am 20. November in öffentlicher Sitzung mit dem Thema befassen.

KOMMENTAR

Schleichender Prozess

Weil die Stadt vorne und hinten nicht mehr weiß, woher sie das Geld nehmen soll, und sich die Situation der öffentlichen Kassen weiter verschlechtert, war klar, dass bei der Suche nach Kürzungen irgendwann auch wieder die Musikschule ins Visier der Sparkommissare geraten würde. Das Musikschulkonzept, das erst vor zwei Jahren beschlossen wurde und eine finanzielle Basis bis 2006 sein sollte, ist damit bereits Makulatur.

Lieb und teuer ist die Musikschule aber nicht nur der Stadt, sondern auch ihren Schülern und deren Eltern. Sie greifen tief in die Tasche, um ihren Kindern das Erlernen eines Instruments zu ermöglichen. Zwei oder gar noch mehr Kinder an der Musikschule unterrichten zu lassen, können sich schon heute viele Familien nicht mehr leisten. Jetzt die Gebührenschraube über die Kürzung der Mehrfachermäßigung drastisch anzuziehen, würde für sie die endgültige Abkehr von der Musikschule bedeuten.

Die vorgeschlagene Gebührenpolitik und die übrigen für 2004 und 2005 ins Auge gefassten Schritte setzen einen schleichenden Prozess in Gang, mit dem die Musikschule immer unattraktiver gemacht wird. Wenn sich diese Spirale zu drehen beginnt, dürfte die Musikschule am Ende so beschnitten sein, dass sie nicht mehr überleben kann.

Roland Greife

Wir danken der WN-Redaktion für die freundliche Erlaubnis