Auf dem Roten Platz in Moskau (Foto: Gerlinde Rau)
Auf dem Roten Platz in Moskau (Foto: Gerlinde Rau) Junior Big Band der Musikschule besucht für eine Woche Telgtes Partnerstadt Stupino
Westfälische Nachrichten, 26.04.2011
Telgte/Stupino
Offenherzig, gastfreundlich, liebevoll, einfach großartig: Geradezu euphorisch berichten Mitglieder einer 45-köpfigen Gruppe Jugendlicher und Erwachsener, die die ganze vergangene Woche in Stupino verbrachten, von ihrem Aufenthalt in Telgtes Partnerstadt. Und es war nicht irgendeine Gruppe, die dorthin reiste, sondern die Junior-Big-Band der städtischen Musikschule.
Vor einigen Wochen war noch der Flämmchen-Chor aus Stupino in Telgte zu Gast - nun folgte der Gegenbesuch. „Es war eine sehr komprimierte Woche. Der Zeitplan war eng gestrickt“, sagt Musikschulleiter Gregor Stewing. Neben dem ganztägigen Besuch der Hauptstadt Moskau, besichtigte die Gruppe ausgiebig die russische Partnerstadt und ein Museum. Außerdem wurde sie in Stupino vom Bürgermeister empfangen. Vor allem beim Schlittschuhlaufen verloren die Jugendlichen letzte Berührungsängste, erinnert sich die Fördervereinsvorsitzende Gerlinde Rau: „Das war eine super Gelegenheit, Kontakt zu anderen Jugendlichen aufzunehmen.“ Ebenso wie beim gemeinsamen Abend im Jugendzentrum. Neben HipHop-Gruppen trat auch eine Jazz-Combo auf. „Die haben sich für uns richtig viel Mühe gegeben“, sagt Rau. „Die Jugendlichen haben sich gut verstanden und sind zusammengewachsen.“
Das berichtet auch Jannes Winter. Er spielt in der Junior-Big-Band Schlagzeug. „Klar, Verständigungsschwierigkeiten gab es, doch irgendwie klappte das schon ganz gut. Es war toll, die russischen Jugendlichen näher kennenlernen zu dürfen. Was mich interessiert hat zu sehen war, wie die russischen Jugendlichen leben. Die Woche war sehr interessant, aber auch anstrengend“, sagte der 17-Jährige. Was ihm besonders aufgefallen ist, ist das Stadtbild in Stupino: Dass etwa Gartenzäune und Bordsteinkanten bunt angemalt sind. Gab es auch etwas, was ihm nicht so gut gefallen hat? „Manchen schmeckte das Essen nicht besonders, ich fand es okay.“
Was nicht zu kurz kommen durfte und auch nicht kam, war das Musikalische. Denn Musik war die Sprache, die alle Jugendlichen verband. Bei vier Proben studierten die Deutschen zusammen mit 20 russischen Jugendlichen die Stücke ein, die sie in zwei Konzerten zum Besten gaben. Drei Stücke präsentierten sie zusammen mit dem Flämmchen-Chor.
Medial waren die deutschen Gäste ebenso gefragt: Neben Berichten und Interviews fürs Fernsehen wurde auf einer einseitigen Sonderseite in der lokalen Zeitung über die Besucher berichtet.
Trotz der kulturellen und sprachlichen Unterschiede - die Jugendlichen verstanden sich prächtig. Entweder kommunizierten sie mit ihrem Schul-Englisch und Mimik oder per Übersetzung. Glück für die Telgter: Die Musikschullehrerin Valentina Speiser sowie eine Jugendliche und ihre Mutter sprachen Russisch und konnten vermitteln.
„Wir wurden vorbildlich betreut und konnten einen noch engeren Kontakt aufbauen“, berichtet Musikschulleiter Gregor Stewing. Das Ziel, durch den Austausch für mehr Verständnis auf beiden Seiten zu sorgen, wurde laut Stewing erreicht. Rückblickend dankt der Musikschulleiter auch noch mal den Big-Band-Mitgliedern, denn in Sachen Auftreten, Benehmen und ebenso in musikalischer Hinsicht hätten die Jugendlichen Großes geleistet. „Die Big-Band-Mitglieder sind es, die mich persönlich ermutigen, diesen Austausch trotz des hohen Aufwands weiterzuführen.“
Gefördert wurde die Stupino-Fahrt übrigens von der Stiftung DRJA, dem Deutsch-Russischen-Jugendaustausch. Beim der Stupino-Fahrt gab es auch ein kleines Jubiläum zu feiern: Denn unter den Telgtern war der 1500. Beteiligte des Russland-Austauschs.
Der Abschied fiel den Telgtern schwer. Sogar Tränen flossen bei manchem. Neben der Erinnerung bleiben den Telgtern Fotos und Gastgeschenke, die getauscht wurden.
Welcher Unterschied zwischen Russland und Deutschland besteht, merkten die Telgter, als sie am Freitagabend wieder in die Heimat kehrten: In Deutschland blühte es, das Gras war grüner und hier in Deutschland sind im Gegensatz zu Stupino - und das sei keineswegs abwertend gemeint - die Straßen deutlich sauberer. „Es ist einfach eine andere Lebenskultur dort. Als wir wieder hier waren, haben alle gemerkt, wie privilegiert wir hier sind“, so Gerlinde Rau.
Die allermeisten Teilnehmer der Exkursion waren auch noch einen Tag nach der Rückkehr deutlich geschlaucht. Dennoch würden sie nach so einer schönen und ereignisreichen Woche gerne wieder dorthin fahren. Freunde haben sie in den Stupinoer Jugendlichen auf jeden Fall gefunden.
Text: Sebastian Bickert
Wir danken der WN-Redaktion für die freundliche Erlaubnis